Wie es ist, wenn der Job glücklich macht – Auf ein Getränk mit Janine Herden

Janine Herden

Schon eine ganze Weile bin ich mit Janine Herden befreundet. Wir haben uns 2006 bei einer Psychodrama-Ausbildung kennengelernt und seitdem treffen wir uns eigentlich regelmässig. Janine ist selbständige Malermeisterin und irgendwie ist sie immer total ausgeglichen und glücklich mit ihrem Job.
Nachdem ich neulich einen Artikel darüber geschrieben habe, wie man mit einem doofen Job umgeht, fand ich, ist es mal an der Zeit das Gegenteil zu zeigen. Und da Janine so zufrieden mit ihrem Job ist, habe ich sie gefragt, ob sie ein bißchen was erzählen mag. Also haben wir unser letztes Frühstücks-Treffen zum Anlass genommen und ein Interview gemacht.

Wir treffen uns im Café Asemann in Dortmund. Nachdem wir Getränke und Frühstücksessen ausgewählt haben, starten wir.

Frühstück

Wie bei jedem Interview aus der Reihe „Auf ein Getränk mit…“ frage ich zuerst, welches Janines Lieblingsgetränk ist, wenn sie eine Pause macht. Wie ich mir schon dachte, handelt es sich auch bei ihr um Milchkaffee: „Ich mag am liebsten Latte Macchiato oder Milchkaffee. Wenn ich früh Feierabend mache, mache ich mir meist immer erst einen Milchkaffee und entspanne mich.“.

Begeisterung für das Maler-Handwerk

Janine ist jetzt 51 und hat vor 30 Jahren ihre Lehre begonnen. Seit 20 Jahren ist sie selbständig. Ich frage Janine, was genau sie an ihrem Job so faszinierend findet.

Janine erklärt: „Ich mag den ganzen Prozess. Zuerst besuche ich den Kunden und wir klären, welche Wünsche er hat. Welche Farben, Tapeten oder Strukturen möchte er haben? Dabei berate ich ihn natürlich auch. Das macht mir viel Freude.“
Und natürlich ist sie dann happy, wenn der Kunde ihr Angebot mag und sie den Auftrag bekommt.

Die Tätigkeiten, die sie tun muss haben alle was für sich. Besonders freut sie sich natürlich, wenn sie etwas aussergewöhnliches machen kann. Aber auch einfach nur Tapete abzureissen macht ihr Freude. „Das Schöne an meinem Job ist, dass ich sehe, was ich gemacht habe.“, sagt sie.
Sobald sie ihre Arbeit fertiggestellt hat, bekommt sie ein direktes, positives Feedback vom Kunden.

Besonders mag sie auch die unterschiedlichen Kunden. Manche sind ihr gut in Erinnerung geblieben. Zum Beispiel die ältere Dame, die auf Grund eines Wasserschadens ihr Schlafzimmer renovieren lassen musste. Sie wollte unbedingt die gleiche Tapete wieder haben.
Janine hat sich dann bemüht, eine ähnliche Tapete zu finden und die Dame war glücklich. Ein schönes Erfolgserlebnis!

Ihre Begleitung

Seit einiger Zeit wird Janine bei ihrer Arbeit begleitet. Hündin Tinchen ist oft dabei. Mit Hund ist die Arbeit noch mal schöner. Die Kunden freuen sich über den Besuch. Kunden, die sie schon kennen, sind dann ganz enttäuscht, wenn Tinchen mal nicht dabei ist.
Janine selbst hat noch den Vorteil, dass sie so zwischendurch mal raus kommt, weil der Hund an die frische Luft muss.

Glücksmomente

Tinchen bei einem Besuch bei mir im letzten Herbst

Janines Einstieg in die Malerlehre

Ich will wissen, wie sie darauf gekommen ist, gerade diesen Job zu machen.

Sie erzählt: „Ich hatte Fach-Abi gemacht und fing dann an Sozialarbeit zu studieren. Aber irgendwie war das doch nicht das Richtige für mich und ich hab das Studium abgebrochen.“. Sie jobbt erst mal und hat eigentlich gar keine Ahnung, was sie machen will.

Sie wäre gerne zur Polizei gegangen, aber da sie damals schon Brille trug, kam das zu der Zeit nicht in Frage. Alternativ hat sie erwägt Schreiner zu werden. Das ging aber nicht, weil die Schreiner, die sie angesprochen hatte, alle keine Sozialräume für Frauen hatten.

Ihre Freundin Stulle aus dem Fußballverein machte damals eine Lehre im Malerbetrieb. „Das wollte ich gar nicht. Ich hab gedacht, das ist das allerletzte. Da siehst Du ja immer total versifft aus.“
Und dann ergab es sich aber irgendwie doch. Besser als nichts, dachte sie. Ihr „Vorstellungsgespräch“ fand dann am Fußballplatz statt. Ihr zukünftiger Chef Helmut war Vorsitzender des Fußballvereins, in dem sie und Stulle spielten. Und der meinte „Komm mal Montag rum.“.

Also ist sie hin und hatte direkt Spaß an der Arbeit. Sie hat zwar am ersten Tag nur Fenster geschliffen, aber das hat Spaß gemacht. „Halt, weil man sieht, was man gemacht hat.“. Dazu der Kontakt zum Kunden, das gefiel ihr. Und die Kollegen waren auch nett. Ein guter Einstieg.
Schon im 2. Lehrjahr fuhr sie alleine mit dem Auto zum Kunden und hat dort selbständig arbeiten können.

Janine Herden

Ihre ersten Jobs

Nach der Ausbildung hat sie sich einen neuen Job gesucht. Das war recht einfach. Ein Anruf und sie konnte anfangen. Im Betrieb merkte sie aber, dass es da nicht so toll war wie in ihrem Ausbildungsbetrieb. Das Arbeitsklima hier war schlecht.
Glücklicherweise meldete sich dann noch ein anderer Malermeister bei ihr, den sie zuvor nicht erreicht hatte. Er fragte, ob sie nicht bei ihm arbeiten konnte. Und da er ihr direkt sympathisch war, hat sie direkt nach einer Woche gekündigt und hat dann bei ihm gearbeitet. Da machte dann auch die Arbeit wieder Spaß.
Leider passte die Zahlungsmoral des Betriebs nicht. Ungedeckte Schecks haben dann dazu geführt, dass sie sich nach drei Jahren nach was Neuem umgeguckt hat. Und weil sie ihren Kollegen so gerne mochte, hat sie für den gleich was mit gesucht und gefunden.

Irgendwann hatte sie das Gefühl, sie muss mal wieder was für sich und ihren Kopf machen. Und hat sich in der Abendschule zur Malermeisterin weitergebildet.

Einstieg in die Selbständigkeit

Während der Meisterschule wurde sie dann arbeitslos. Parallel entschied ihre Kollegin, die auch gerade die Meisterschule machte, sich selbständig zu machen.
Und irgendwie ist Janine dann da mit eingestiegen. Sie hat sich eingekauft und war von nun an selbständig. Obwohl sie das eigentlich nie geplant hatte, war sie dann sehr zufrieden mit der Entscheidung.

Ihre Meisterprüfung hatte sie noch nicht fertig, weil sie es mit der Buchführung nicht so hatte und die Prüfung immer geschoben hat. Alles andere hatte sie fertig, nur Buchführung war nicht so ihrs.  An einem Freitag, den 13. hat sie dann doch die Prüfung gemacht und bestanden. Zack, da war der Meisterbrief!

15 Jahre hat Janine dann mit ihrer Geschäftspartnerin die gemeinsame Firma betrieben.

Alleine weiter

Irgendwann passte es zwischen Janine und ihrer Geschäftspartnerin nicht mehr. Das Ganze gipfelte dann in einem Streit bei einer Kundin, was ihr mehr als unangenehm war. Und dann war klar, so geht es nicht weiter.

Janine hat lange überlegt, wie sie weitermachen will. Will sie alleine eine Firma haben? Findet sie Kunden? Kann sie ihre Existenz sichern? Das war keine schöne Zeit. Sie hatte Existenzsorgen, die ihr manche schlaflose Nacht bereitet haben.
Oder sollte sie sich einen Job als Angestellte suchen?
Sie hat alle Optionen hin und her überlegt. Ein Jahr hat dieser Prozess gedauert bis sie dann Klarheit hatte. Ein Jahr, das sich für sie ganz schön gezogen hat. Aber manche Prozesse brauchen einfach Zeit.

2012 kam es also zur Aufgabe der alten Firma und sie hat sich neu gegründet. Mit der Hälfte der alten Kunden ist sie gestartet. Dazu kamen nach und nach viele neue Kunden.

Janine Herden

Janine Herden bei der Arbeit, Foto: privat

Vorteile der Selbständigkeit

Ich frage Janine, was für sie der Gewinn darin ist, selbständig zu arbeiten. „Ich mag die Freiheit, dass ich selbst entscheiden kann, wann und wie ich arbeite. Und ich kann mich körperlich mal rausziehen. Dann mach ich mal einen Tag Büroarbeit und gönne meinem Körper eine Pause.“.

Und sie ist total happy mit ihrem Team. Mit ihr arbeiten ein Geselle und ein Auszubildender. Ihren Mitarbeiter sieht sie nicht als Mitarbeiter, sondern als Kollegen. „Das ist die optimale Arbeitsteilung. Ich sehe zu, dass wir Arbeit haben, er erwirtschaftet mit mir die Einkünfte und bekommt anschliessend sein Gehalt überwiesen.“.
Der Azubi ist der Sohn einer guten Freundin. Er beendet seine Ausbildung im Sommer. Und dann wird bei Janine wieder eine Lehrstelle frei.

Janine Herden

Entspanntes Leben

Ich will von Janine wissen, wie sie sich nach der Arbeit entspannt. Ihre Antwort überrascht mich auf eine Art, andersrum aber auch nicht: „Ich bin total ausgeglichen. Das war ich schon immer. Ich brauche in dem Sinne keinen Ausgleich, weil ich im Job nicht gestresst bin.“.
Beneidenswert, oder?

Was mich immer wieder überrascht, ist, dass Janine auch keinen Urlaub braucht. Sie reist zwar gerne, aber sie braucht den Urlaub nicht, um auszuspannen. Sie ist einfach von ihrem Alltag nicht gestresst.
Wenn sie ihre Reisen plant, ist ihre einzige Sorge, dass ihre Jungs Arbeit haben. Wenn das alles geregelt ist, dann verschwindet sie mal für ein oder zwei Wochen.

Wenn Janine reist, dann immer so, dass sie dort etwas lernt. Sie macht Sightseing, besucht Seminare oder macht ähnliches, was ihren Kopf fordert.

Aber auch manche Aufträge sind ein bißchen wie Urlaub. Vor einiger Zeit hat sie über zig Ecken einen Auftrag in Belgien bekommen. Da sollten sie ein Haus renovieren. Sie haben Tinchen eingepackt, waren eine Woche vor Ort, durften im Obergeschoss des Objekts schlafen und haben abends immer mit ihren Auftraggebern gegessen. „Das war ein schönes Erlebnis und fast ein wenig wie Urlaub.“.

In ihrer Freizeit trifft sie sich mit Freunden oder geniesst die Zeit zuhause. Sie wohnt in Bochum in einem schönen Zechenhaus mit Garten. Da ist sie gerne und fühlt sich wohl.

Janine sagt „Ich werde nicht reich mit meiner Arbeit, aber ich kann mir alles leisten, was ich brauche und ich habe jede Menge Lebensqualität.“. Besser geht es doch nicht, oder? Das beeindruckt mich immer wieder, wenn ich sowas von ihr höre. Ich finde, sie strahlt diese Zufriedenheit und Ruhe auch einfach aus.

Zum Abschluss

Zum Abschluss will ich von Janine noch wissen, ob sie ein Lebensmotto hat.

Ja, hat sie. Gleich zwei:

„Ich bin im Fluss des Lebens.“ und

„Alles geschieht zur rechten Zeit.“

Und nach kurzem Nachdenken kommt noch:

„Wer weiß, wofür es gut ist.“

Da muss ich schmunzeln. Der letzte ist auch mein Satz. Aber auch diese drei Sätze zeigen sehr deutlich, wie Janine tickt: Wissen, dass es irgendwie dann doch immer gut geht und die Dinge sich schon finden, wie sie sie braucht. Und wenn es mal nicht gut läuft? „Dann denke ich, ach, heute könnte mal ein Kunde anrufen. Und ein paar Stunden später ruft wieder jemand an. Das funktioniert immer.“.

Janine Herden

Janine, ich danke Dir sehr! Für das schöne Gespräch und für Deine Freundschaft! Ich drück Dich!

Und für alle, die mehr über Janine und ihre Firma erfahren wollen: Hier geht` s lang!

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